Nespresso-Alternativen im Test Was taugt die Kapsel-Konkurrenz?
23.08.2013, 11:00 UhrNespresso-Trinker sind verwöhnt, zumindest was den Geschmack ihres Kaffees angeht. Doch dafür nehmen sie auch einiges in Kauf: Hohe Preise, umständliche Vertriebswege und eine mittelmäßige Umweltbilanz. Nachdem Nespresso das Kapselmonopol verloren hat, drängen immer mehr Alternativanbieter auf den Markt. Muss der Kapsel-König jetzt zittern?
Die Handhabung ist denkbar einfach, der Wartungsaufwand minimal und der Kaffee ist geschmacklich über jeden Zweifel erhaben: Für den Erfolg des Nespresso-Systems gibt es gute Gründe. Einer der wichtigsten heißt George Clooney, denn erst der Einsatz des smarten Werbeträgers brachte den 1986 auf den Markt gekommenen Kapseln den Durchbruch. Inzwischen boomt das Geschäft, allein im letzten Jahr bescherte Nespresso dem Nestlé-Konzern ein Wachstum von 20 Prozent und 3,6 Milliarden Euro Umsatz.
Der Erfolg ruft Konkurrenten auf den Plan – und die müssen jetzt nicht mehr fürchten, von Nestlé vom Markt geklagt zu werden: Im letzten Jahr sind einige Patente auf die Kapseln ausgelaufen, außerdem hat das Landgericht Düsseldorf Nespresso in die Schranken gewiesen. Wer eine Nespresso-Maschine kaufe, dürfe erwarten, dass er diese auch mit anderen Kapseln benutzen könne, befand das Gericht.
Der Wettbewerb ist eröffnet
Seitdem ist der Wettbewerb offiziell eröffnet. Das dürfte vor allem bei Sparfüchsen große Erwartungen wecken. Zwischen 35 und 42 Cent kostet eine Nespresso-Kapsel, wer drei Tassen am Tag trinkt, gibt im Monat also rund 33 Euro für Kaffee aus. Das muss doch auch günstiger gehen, oder?
Andere drückt das grüne Gewissen: Nespresso-Kapseln bestehen aus Aluminium und dessen Herstellung ist alles andere als umweltfreundlich. Zum einen, weil dafür extrem viel Energie benötigt wird. Zum anderen, weil große Regenwaldflächen gerodet werden müssen, um den nötigen Rohstoff Bauxit abzubauen. Für Nespresso spricht hier allenfalls, dass die gebrauchten Kapseln recycelt werden können. In Deutschland sollten sie in der gelben Tonne landen.
Die Konkurrenz könnte also einiges anders und vielleicht auch besser machen. Aber tut sie das auch? Wir haben uns vier Nespresso-Alternativen genauer angeschaut. Passen die Kapseln überhaupt in die Maschine? Ist die Verpackungsfrage besser gelöst? Und die wahrscheinlich wichtigste Frage: Können die Herausforderer geschmacklich mit dem Original mithalten? Vier Tester haben die Kapseln probiert. Alles keine sensorisch geschulten Fachleute, sondern Kaffee-Liebhaber mit Nespresso-Maschinen zu Hause. Einer nutzte für den Test eine De Longhi Latissima, die anderen die Krups Citiz. Bei der geschmacklichen Bewertung haben wir uns auf den Gesamteindruck der Marke beschränkt und die Tester jeweils verschiedene Cappuccinos und Lungos aus dem Sortiment probieren lassen.
Ethical Coffee Company
Der Pionier unter den Nespresso-Alternativen ist die Ethical Coffee Company (ECC). 2008 gründete Jean-Paul Gaillard, der f rühere Nespresso-Chef, die Firma mit dem Anspruch, eine ökologische und ökonomische Alternative zur Nespresso-Kapsel zu bieten. Das bereitete nicht nur technisch einige Probleme, sondern auch juristisch: Jahrelang währte der "Kapselkrieg" zwischen ECC und Nespresso, bis das Düsseldorfer Oberlandesgericht schließlich das Urteil zugunsten des Alternativanbieters fällte. ECC wirbt viel mit der Nachhaltigkeitskomponente, bezieht diese aber vor allem auf die Verpackung des Produkts. Immerhin: Unter den acht Espresso-Variationen und den beiden Lungos im Programm gibt es jeweils ein Produkt mit Fair-Trade-Siegel.
Preis: 2,99 Euro für eine Zehnerpackung, die Fair Trade-Kapseln findet man für ca. 3,60 Euro im Handel.
Erhältlichkeit: In Deutschland werden die die Kapseln bei Mediamarkt, Saturn und Citti verkauft.
Verpackung und Kapsel: Erst öffnet man eine mehr Pappschachtel, dann eine Kunststofffolie. Einzeln verpackt sind die Kapseln nicht. Das macht ECC zur Kapsel mit dem wenigsten Müll.
Die Kapseln sind aus pflanzlichen Rohstoffen gefertigt, die vollständig biologisch abbaubar sein sollen. Laut ECC können sie über die Biotonne oder den heimischen Kompost entsorgt werden. Wertvolle Nährstoffe oder Mineralien werden bei der Kompostierung allerdings nicht freigesetzt, Umweltexperten raten deshalb dazu, die Kapseln einfach in den Hausmüll zu werfen.
Handhabung: Anfangs gab es größere Probleme mit den Kapseln, die sich des Öfteren in den Maschinen verklemmten. Inzwischen gibt es eine neue Kapselgeneration, die besser funktionieren soll. Im Test fiel vor allem auf, dass sich der Deckel der Maschine nur mit großem Kraftaufwand schließen ließ. Einmal stoppte der Brühvorgang auch schon nach wenigen Tropfen, insgesamt scheint der Brühvorgang ein wenig "rumpelig". Stecken blieben die Kapseln in unserem Test nicht, es scheint aber immer noch öfter vorzukommen. Auf der Verpackung gibt es jedenfalls den Hinweis, dass man in solchen Fällen mit einem Teelöffel nachhelfen soll.
Sensorik: Der Espresso kommt zuerst mit guter Crema, die aber nicht sehr haltbar ist. Am Geschmack scheiden sich die Geister, die Bewertungen reichten von "in Ordnung und mit am besten" bis hin zu "schwach und wässrig". Getestet haben wir allerdings auch nur zwei Espressosorten, weil gerade kein Lungo verfügbar war.
Gourmesso
Die "Genuss-Alternative für Nespresso-Kapseln", so bewirbt die Berliner Firma Nero Commerce die von ihr vertriebene Gourmesso-Marke. Seit Februar 2013 gibt es die Kapseln zu kaufen. Zwar dürfte mangelnder Genuss die wenigsten Nespresso-Trinker in die Arme der Konkurrenz treiben, aber möglicherweise gibt ja der Preis den Ausschlag: Gourmesso-Kapseln sind um rund 30 Prozent günstiger als das Original. Im Programm sind sechs Varianten Espresso und zwei Lungos, bald sollen weitere Sorten folgen, darunter auch Bio-Kaffees. Derzeit arbeitet Gourmesso auch an einer Fairtrade-Zertifizierung.
Preis: 2,40 Euro kostet die Zehnerpackung Espresso, 2,50 Euro der Lungo. Dazu kommen allerdings noch Versandkosten von 3,90 Euro. Ab einem Bestellwert von 35 Euro liefert Gourmesso versandkostenfrei.
Erhältlichkeit: Verkauft wird Gourmesso nur im Internet über die Gourmesso-Seite, aber auch bei Ebay und bei anderen Händlern.
Verpackung und Kapsel: Die Kapseln kommen in einer Pappschachtel und sind einzeln in glänzende Folien verpackt. Das ist etwas umständlich und auch platzraubend. Die zusätzliche Verpackung ist aber nötig, um das Aroma zu erhalten, denn der Boden der Kunststoffkapsel ist mit kleinen Löchern versehen. Der Deckel der Kapsel ist aus Aluminium. Die Kapsel kann man, wie auch die Umverpackung, über die gelbe Tonne entsorgen.
Handhabung: Auch hier lässt sich der Deckel etwas schwerer schließen, das war aber nicht das größte Problem: Mehrfach rutschten die Kapseln durch, bevor die Klappe geschlossen war, das kam besonders bei der Citix-Maschine vor. Der Kaffee floss in unserem Test manchmal etwas tröpfelnd aus der Maschine.
Sensorik: Auffallend ist die üppige Crema, mit der Espresso und Lungo aus der Maschine kommen. Geschmacklich fällt die Einordnung sehr unterschiedlich aus: "Wässrig-bitter" oder "spülig" urteilten die einen, die anderen nahmen hingegen ein intensives Röstaroma wahr. Der Espresso scheint oft etwas schwächer auszufallen, als die Stärken-Einstufung vermuten lässt, die getesteten Sorten wurden jedenfalls als eher schwach eingestuft, auch wenn die Packung etwas anderes verhieß. Wer es gerne etwas milder hat, dem sei der India Pura Mezzo empfohlen, der einen recht ausgewogenen Eindruck hinterließ.
Zuiano
"Erstklassige Kaffeequalität zu fairen Preisen" verspricht Zuian o. Das tut freilich auch die Konkurrenz, von der sich Zuiano durch seine ungewöhnliche Firmengeschichte abhebt. Drei Kaffeeliebhaber aus Bremen haben die Firma gegründet, zwei von ihnen hängten dafür ihre bisherigen Jobs an den Nagel. Der dritte ist Marketing-Professor in Bochum und holt nicht nur das Projekt in den Hörsaal, sondern auch Studenten ins Unternehmen. Zehn Cent von jeder verkauften Packung fließen in ein Kinderheim in Brasilien – die Ehefrau eines der Firmengründer kommt von dort. Beim Kaffeeanbau verspricht Zuiano zwar auf Nachhaltigkeit zu achten, ein Fairtrade-Siegel tragen die Packungen aber nicht. Zur Wahl stehen zwei Lungos, drei Sorten Espresso und eine eher milde, entkoffeinierte Variante.
Preis: 2,99 Euro kostet die Zehnerpackung, das Probierpaket mit verschiedenen Sorten ist mit 3,25 Euro etwas teurer. Wenn man bestellt kommen 3,25 Euro Versandkosten hinzu.
Erhältlichkeit: Die Kapseln können auf der Zuiano-Webseite bestellt werden. Außerdem sind sie in einigen Edeka- und Reichelt-Märkten zu haben. Die Zahl der Verkaufsstellen soll noch erhöht werden.
Verpackung und Kapsel: Die Kapseln kommen in einer Pappschachtel und sind einzeln in schlichte schwarze Kunststofffolie gehüllt, die Aroma bewahren soll. Beim Auspacken vernimmt man deutlichen Kaffeeduft entgegen, der durch die kleinen Löcher am Boden der Kapsel strömt. Die Kapseln selbst sind aus Kunststoff und haben einen Verschluss aus Aluminium. Auch sie können über die gelbe Tonne entsorgt werden.
Handhabung: Wie bei den meisten Alternativ-Kapseln braucht man auch hier etwas mehr Druck, um den Deckel zu schließen. Zwei Tester hatten auch Probleme mit der Einpassung der Kapseln, die mehrfach durch die Maschine fielen. Bei der DeLonghi-Maschine klappte das einwandfrei.
Sensorik: Auch hier fällt zunächst die Crema auf, die von den meisten Testern als recht gut eingestuft wurde. Geschmacklich schwankten die Beurteilungen je nach Sorte zwischen "lasch bis bitter" (Everest) bis hin zu "kräftig und aromatisch" (Flash). Wer einen milden Lungo sucht, könnte mit der Variante Happyness glücklich werden. "Geschmacklich noch weit entfernt vom Original", fanden zwei der Tester, immerhin einer würde Zuiano als Alternative akzeptieren.
Senseo Capsules
Senseo brachte 2002 das Kaffeepad-System nach Deutschland. Seit Juni dieses Jahres mischt der Pad-Pionier mit seinen Senseo Capsules auch im Geschäft mit den Kapseln mit. Wer schon früher Nespresso-Alternativen ausprobiert hat, dem kommen die Kapseln womöglich bekannt vor: Sie stammen von der niederländischen Senseo-Mutter Douwe Egberts und waren unter dem Namen L'OR gelegentlich schon in Deutschland zu bekommen. Anders als bei den meisten Konkurrenten kommen bei Senseo vor allem Lungo-Freunde auf ihre Kosten: fünf Varianten stehen zur Auswahl, dazu kommen drei Sorten Espresso. Das Fair Trade-Siegel trägt keine von ihnen, für nachhaltigen Anbau soll aber das UTZ-Siegel garantieren.
Preis: 3,29 Euro kostet eine Zehnerpackung. Damit sind die Capsules nur wenig günstiger als Nespresso.
Erhältlichkeit: Vom Start weg sorgt Senseo für Präsenz. Die Kapseln findet man beispielsweise in Elektromärkten, aber auch in vielen Supermärkten. Wer sich auf der Webseite registriert, kann sich eine kostenlose Probierbox zuschicken lassen.
Verpackung und Kapsel: Auch hier kommen die Kapseln in einer Pappbox. Und auch hier sind sie jeweils einzeln in eine Kunststoffhülle gepackt, die allerdings etwas aufwendiger gestaltet ist als bei Zuiano. Die Kapseln selbst bestehen vollständig aus durchsichtigem Kunststoff, auch beim perforierten Deckel kommt kein Alu zum Einsatz. Recycling sollte hier also problemlos möglich sein.
Handhabung: Von allen getesteten Nespresso-Alternativen dürfte diese im Handling am unkompliziertesten gewesen sein: Der Deckel schließt leichtgängig und der Kaffee fließt in der Regel recht schnell aus der Maschine. Einziges Manko: Manchmal fanden sich nach dem Brühen noch kleine Kaffeekrümel in der Tasse.
Sensorik: Die Crema erscheint nicht so reichlich wie beim Original, wurde von den meisten Testern aber als akzeptabel bewertet. Weniger Anklang fand der Geschmack: Von "beliebig" bis "Blümchenkaffee" reichten die Bewertungen für den Lungo Profondo, dem Senseo immerhin eine acht auf der bis zehn reichenden Stärkeskala zuordnet. Etwas besser fiel das Ergebnis beim Lungo Estremo aus. Echte Begeisterung konnten aber auch die anderen Lungo-Sorten nicht hervorrufen. Ein Lichtblick war der Supremo-Espresso: Zumindest die Freunde von starkem Espresso konnten sich mit ihm anfreunden.
Das Fazit
Bei der Kompatibilität haben die recht einfach aufgebauten Senseo Capsules die Nase vorn, hier gab es die wenigsten Probleme. Bei allen Kapseln fließt der Kaffee nicht immer vollständig in die Tasse. Leert man am Ende den Auffangbehälter, findet man dort auch etwas Flüssigkeit. Dramatisch ist der Verlust aber nicht.
Was die Verpackung angeht, so richten die Kapseln der Ethical Coffee Company umwelttechnisch vermutlich den wenigsten Schaden an. Das Auspacken der einzelnen Kapseln ist ein wenig umständlich, zudem nehmen die Kapseln damit auch mehr Platz weg. Immerhin: Aluminium wird bei den Alternativkapseln fast gar nicht verbraucht.
Bei allen Umweltbedenken scheinen die Alukapseln von Nespresso aber einen geschmacklichen Vorteil zu bieten: In ihnen scheint das Aufbrühen, also das Befeuchten und anschließende Aufquellen des Kaffeepulvers, am besten zu funktionieren. Wenn keines der getesteten Alternativprodukte an die Qualität von Nespresso herankommt, muss das also nicht unbedingt am Kaffee selbst liegen. Immerhin betonen alle Hersteller, wie viel Wert sie auf die sorgfältige Auswahl ihrer Rohstoffe legen.
Auch wenn die Tester am Ende alle Nespresso den Vorzug geben würden, kann man den Konkurrenten aber ruhig eine Chance geben – zumal denen, die deutlich günstiger sind als das Original. In der Regel sind sie auch leichter erhältlich: Man muss sich nicht erst auf dem Nespresso-Portal registrieren oder einen der wenigen Nespresso-Verkaufstempel aufsuchen. Als Notlösung, wenn die Nespresso-Vorräte zu Ende gehen, bevor die neue Lieferung da ist, dürften alle Marken taugen, denn besser als Filterkaffee sind sie allemal.
Quelle: ntv.de